We no want no Coke, no Heroin, no Hasch-Hasch, no Amphetamine

In meinem Text über Alkohol habe ich großspurig angekündigt, dass ich hier einen Artikel veröffentliche, sobald es zu einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland kommt. Ähnlich wie die deutsche Justiz war ich komplett überrascht von der ach so plötzlichen Umsetzung der im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vor 3 Jahren festgelegten Entkriminalisierungen/Legalisierung, daher nun mein Betrag zum Thema mit 3 Tagen Verspätung. Die ganze Kifferei macht aber auch so träge!

Sooooooo süß!

Ich erzähle hier ja meistens was über mich. Oder zumindest darüber, wie ich Sachverhalte wahrnehme, sie für mich einordne und auch versuche, Meinungen und Handlungen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. Sperriger Satz; öffentliches Tagebuch und so. Während ich darüber nachgedacht habe, wie ich (m)eine Geschichte über Gras in die Tastatur hacke, bin ich gegen sehr viele innere Mauern gerannt. Während es mir recht leicht fiel über den ersten Vollrausch meines Lebens samt passender Alkoholvergiftung zu schreiben, ist es bedeutend schwieriger über den ersten Joint zu schreiben, den ich mit 16 geraucht habe. Bis vor 4 Tagen war Kiffen hardcore ILLEGAL und ich habe die letzten 27 Jahre meines Lebens gelernt das Thema zu umschiffen bzw. nur mit Leuten darüber zu reden, zu denen man ein gewisses Vertrauen hat, um nicht als Junkie abgestempelt zu werden.

Gesellschaftlich ist es breit akzeptiert, dass Kids heimlich auf dem Dorffest hinterm Autoscooter ne Flasche Berentzen exen („wir waren doch alle mal jung, da probiert man sich halt aus!“) aber bei DROGEN hört der Spaß auf! Die Legalisierung ändert an der Wahrnehmung von Cannabis als gefährliche Droge insbesondere in konservativen Kreisen erst mal nichts; nicht von ungefähr hat König Markus von Bayern verlauten lassen, dass man es den KifferInnen im FREIstaat so unangenehm wie möglich machen wird. Eine ganz neue Idee.

Durch die scharfsinnigen Worte aus der Überschrift, vorgetragen im Jahr 1990 von einem nigerianisch-schwedischen Zahnarzt mit DJ Ambitionen (einer meiner Freunde behauptet felsenfest, dass seine Tante seinerzeit in Stockholm bei ihm Patientin war) ist einiges über den Ursprung vieler Vorurteile zu erfahren. Nach Dr. Albans Meinung ist Cannabis eine Droge von vielen. Wer hascht, der nimmt auch Kokain, Amphetamin und was-weiss-ich-noch-alles. Alles halt außer Alkohol und Nikotin, weil wir uns das irgendwann mal so, ohne jegliche wissenschaftliche Rechtfertigung, überlegt haben. #LightKultur #Verlogenheit

Bei meinem ersten Joint hatte ich keinerlei Ahnung, dass ich die gepressten Blüten der weiblichen Cannabispflanze rauche. Es hätte genauso ne Nase voll Koks oder irgendein gestreckter MDMA-Kram sein können, ich war jung und habe mir aufgrund einer vollkommen fehlgeleiteten Drogenpolitik und eigener Pupertäts-Ignoranz keine Gedanken gemacht. In meiner Wahrnehmung waren Drogen Drogen ohne viele Abstufungen. Das klingt nicht nur hochgradig naiv, sondern ist gefährlich.

Einen schlechten Umgang mit Cannabis hatte ich kurze Zeit später. Die falschen Freunde und so. Da wurde dann zum lowest Point als es in der Schule, mit den Eltern und den Mädchen so gar nicht lief, vor der Schule mit 2 Klassenkameraden der eine oder andere Topf vor der Schule geraucht. Was für eine Scheißidee. Das habe ich dann aber auch selbst eingesehen. Andere, die ich damals kannte, leider nicht, die sind abgestürzt und aus meinem Leben verschwunden. Die ganze Phase ging bei mir maximal über ein halbes Jahr – zum Glück!

Die sonstige Zeit war Alkohol das Rauschmittel der Wahl, wie ich bereits beschrieben habe. Klar, ab und zu ist mal ein Joint irgendwo aufgetaucht oder man hat einen Eimer/Bong/Erdloch geraucht, aber es hatte nie eine große Bedeutung für mich. Erst in meinen frühen 30ern als ich bemerkte, dass Alkohol einfach nichts für mich ist, begann ich wieder mich mit dem Teufelskraut auseinander zu setzen.

Da ich alt und weise geworden war, aber vor allem weil ich nie in der Lage war selbst eine Tüte zu rollen und ausserdem mit dem Rauchen aufhören wollte, blieben 2 Arten des Konsums übrig: Edibles, also zum Beispiel Kuchen oder Kekse, die mit Cannabisbutter hergestellt werden, oder der Genuss per Vaporizer.

Fangen wir mal mit den Space Cakes an. Da hatte ich eine ziemlich interessante Erfahrung vor ein paar Jahren in Amsterdam: Bei Edibles ist es von entscheidender Wichtigkeit zu wissen, dass 1-2 Stunden nach Verzehr erst mal gar nichts passiert, dafür wird’s anschließend um so heftiger und um so länger. Darauf hatte mich der nette Verkäufer im Coffeeshop auch hingewiesen. Dennoch hatte ich das ganze Stück Kuchen gegessen (hmm, lecker, Erdnussbutter!). 2 Stunden später als wir in einem chinesischen Restaurant beim Essen saßen musste ich mitansehen wie der selbe Kellner wieder und wieder auf einer Seite des Restaurants verschwand, um DIREKT auf der anderen Seite wieder aufzutauchen. So wie bei Pac-Man, wenn man in der Mitte rausgeht. Manchmal ging er auch raus, stand plötzlich direkt hinter mir und stellte Fragen, die unmöglich zu beantworten waren („anything else for you, Sir?“). Der Teller voll unfassbar scharfer Chilis mit Szechuanpfeffer war aber das Beste, was ich jemals gegessen hatte. Am Abend hatten wir noch Karten fürs Efterklang-Konzert im Muziekgebouw. Ich kannte nur das „Piramida“-Album, welches zwar Sounds aus einer verlassenen russischen Bergarbeitersiedlung auf Spitzbergen verwendete (hah, da gibt’s ne Doku! Selbst noch nicht gesehen, aber ich verlinke sie mal hier), sonst aber eher als gemütlicher dänischer Indie-Pop zu bewerten ist. Dass das zu diesem Zeitpunkt neue Album „Leaves – The Colour of Falling“ eine Oper war, war mir entgangen. Und so sah ich die Band, gekleidet in 80er Jahre Tennis Outfits zusammen mit einer Opernsängerin Musik performen, die deutlich zu krass war für meinen Geisteszustand. Aber eine spannende Erfahrung. I WILL WALK DOWN THE ASH-GREY STONE-COLD DARK-BLUE EDGE OF THE ABYSS.

Und jetzt zum Vaporizer. Da hab ich schon ein paar durchprobiert, der erste sah aus wie eine Lötstation, schmeckte nach Plastik (ungesund) und kam schnell weg. Dann hatte ich einen tragbaren, in den man eine (geschälte) Batterie eindrücken musste, um die gewünschte Temperatur zu erreichen. Auch stillos. So wurde es irgendwann ein Pax 2 und jetzt habe ich mir zur Feier der Legalisierung einen DaVinci bestellt.

Aber sie werden halt auch schnell erwachsen.

Jetzt ist es so, dass ich mich ja offensichtlich recht gut mit dem Kram auskenne und demnach wohl dauer-stoned in meinen weiten Batik-Gewändern unterm Bob Marley Poster auf der Couch hänge, oder? Couldn’t be further from the truth, auch wenn das manche Leute um mich herum denken. Denn wann kiffe ich? Meistens, wenn ich irgendwo auf einer Feier oder auf einem Konzert bin. Also da, wo sonst Alkohol konsumiert wird. So gut wie nie zu Hause (was ist das?) und nie alleine. Ach ja: Nicht auf der Wiesn kiffen. Einfach nicht machen, I tried, es fühlt sich ein bisschen nach der Szene aus Fear and Loathing in Las Vegas an, in der sich das Umfeld von Raoul Duke in einen Urwald verwandelt, der von Dinosauriern bewohnt wird. Somebody was giving booze to these god damn things!

Und wo kommt der STOFF her?

In den letzten 10 Jahren zu 100% aus eigenem, hochgradig illegalem Anbau in der Wohnung, ohne besonderes Equipment, Blumentopf + Sonne + Balkon, aber in ständiger Angst, dass der Nachbar gegenüber König Markus bescheid geben könnte und das SEK mir die Haustüre kaputt macht. „No marijuana planted inna mi yard“, sagt Dr. Alban dazu. Selbst anzubauen hatte Vorteile: Man lernt was übers Gärtnern, die Wohnung stinkt wochenlang nach Käse-Füßen, wenn man die Sorte Cheese XXL anbaut, man muss nicht am Bahnhof zwielichtige Gestalten volltexten und vor allem weiss man, dass man 100%iges Bio-Gras hat, welches nicht durch Haarspray oder sonstige Methoden gestreckt wurde und dann halt doch gesundheitsgefährdend ist.

Wie bereits beschrieben habe ich einen äußerst geringen Verbrauch, daher finde ich es auch spannend, dass man mit der neuen Gesetzeslage 50 Gramm im Monat aus einem Cannabis Club raustragen darf. Soviel habe ich die letzten 10 Jahre nicht verdampft. Andererseits könnte ich zu Hause auch meinen eigenen Berentzen Fan Shop eröffnen mit einer unbegrenzten Anzahl an Schnapsflaschen. Jede/r so, wie er oder sie will, oder?

Cannabis ist für Personen über 18 Jahren freigegeben, in Gegenwart von Kindern und Jugendlichen darf nicht konsumiert werden. Alkohol dürfen Kinder mit 14 in Begleitung ihrer Eltern selbst konsumieren. An Alkohol sterben jährlich um die 60.000 Menschen in Deutschland. Selbst mit einer Überdosis Cannabis (what’s that?) kannst du dich nicht umbringen. Es geht einfach nicht. Als Jugendlicher kann man sich trotzdem gut das Hirn damit kaputt grillen.

Dass das Zeug auch problematisch sein kann und garantiert nicht in Kinderhände gehört, dürfte klar sein. Weiterhin will ich niemandem verbieten, Alkohol zu trinken, das habe ich hier schon hinreichend erklärt. Aber die Art, wie unterschiedlich die Gesellschaft die beiden Drogen bewertet ist so falsch und verlogen, dass es dringend an der Zeit für die Politik war, die verkrusteten Ansichten aus einer anderen Zeit aufzubrechen. Das Gesetz, so wie es jetzt umgesetzt wurde, ist voller Widersprüche und praktisch nicht umsetzbaren Forderungen. Aber es ist ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt bitte noch eine verlässliche Bahn, ordentliches Internet immer und überall und die ganzen Nazis weg. Danke.

Der findet Gras super, sollte aber keins bekommen. Wie cool er sich wohl fühlt, mit den Aliens und der Bong auf dem Shirt!


Lyrics: Dr. Alban – No Coke

Irgendwann nehm ich auch mal wieder gute Musik und nichts ironisches, versprochen.