Brillenmann

Eine Woche Berlin, Zeit also für ein alles vernichtendes Fazit nachdem man alles hier durchgespielt hat. Das ist natürlich Quatsch, ich maße mir nicht an, in den nun folgenden 3 Monaten, die wir hier verbringen werden, alles zu sehen und zu erleben, was diese Stadt bietet.

Aber fangen wir auch hier erst mal von vorne an: “Warum eigentlich Berlin?” werde ich öfters mal gefragt und die Antwort ist: Weil es geht. Ich war in den letzten Jahren hauptsächlich zum Arbeiten hier, in den 00er-Jahren auf der IFA und dann später viel in Charlottenburg und am Prenzlauer Berg. Da habe ich aber meine Abende meistens genutzt, um mit den DB Bikes die Stadt zu erkunden. Kitschig, aber wahr: Ich fand es immer ein besonderes Gefühl, nachts, wenn fast nichts mehr los ist, durchs Brandenburger Tor zu fahren und diesen geschichtsträchtigen Ort fast für mich alleine zu haben. Auch hat mir das massiv geholfen, die verschiedenen Stadtteile im Kopf miteinander zu verbinden.

Heimatlos wie wir gerade sind, hat Berlin außerdem den Vorteil, eine mittlerweile sauschnelle ICE Verbindung nach Bayern zu haben; bekanntlich der Nabel der Welt und da müssen und wollen wir aus verschieden Gründen auch ab und zu vorbei.

Bezogen haben wir, nachdem wir die Karre irgendwo in Pankow auf einem riesigen Park & Ride Parkplatz verklappt haben eine möblierte Wohnung auf der Kante Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Das Thema problembehaftete Duschen habe ich aus Korea mitgenommen, denn so etwas wie Wasserdruck gibt es nicht und auch die Heizung ist reines Anschauungsobjekt. Um uns herum sind die meisten Gebäude bereits luxus saniert und durchgentrifiziert und man wird den Eindruck nicht los, dass man aus unserer Bude halt noch bis zum bitteren Ende alles an Kohle rausquetscht, was irgendwie geht und wir machen auch noch mit. Aber gemütlich ist es trotzdem.

Das hängt da glaube ich schon länger.

4 enge, steile Stockwerke führen zu unserer Wohnung. Der Boiler war vermutlich mal für unsere Wohnung gedacht, aber dann hatte man wohl keine Lust mehr den einzubauen und so steht er nun da, vermutlich seit Jahren.

Wir sind aber ja auch nicht hier, um in der Wohnung zu hocken (also außer zum Arbeiten und Schreiben) und so haben wir dann Tag 1 direkt zum Erledigen der Standard-Touri-Achse Alexanderplatz-Brandenburger-Tor-Reichstag und alles außenrum genutzt. Neu war da für mich der Tränenpalast, den ich in der Vergangenheit immer übersehen hatte, wie auch immer ich das geschafft habe.

Nur auf dem Campingplatz gibt’s mehr Deutschlandflaggen als am Reichstag.

Vergangenes Wochenende waren wir dann noch in Potsdam und Schloss Sanssouci, was für ein unfassbar großes Areal! Ein Hoch auf das 49€ Ticket, einfach am Alex in die Regionalbahn einsteigen und in Potsdam rausfallen ohne groß über Ringe oder Berlin ABC nachzudenken macht das Reisen in Deutschland sehr viel komfortabler als in der Vergangenheit.

Das andere Brandenburger Tor in Potsdam.

Bescheidenheit ist eine Zier. Schloss Sanssouci.

Die Orangerie

”Das Ausfahren der Orangeriepflanzen” könnte auch gut der Titel einer Rosamunde Pilcher Verfilmung sein.

Und Musik gabs dann auch noch auf der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Jungstötter. Aus der Konserve tue ich mir mit seiner Crooner-Stimme etwas schwer, aber live war das sehr beeindruckend, wie auch der restliche Sound der immer am Rand der Dissonanz war, aber dann doch irgendwie gepasst hat. Fabian Altstötter ist der Partner von Anja Plaschg, a.k.a. Soap and Skin, die neben sehr viel anderer guter Musik das wunderschöne Duett Ich tauche auf mit Toctronic gemacht hat und zu deren Musik ich letztes Jahr im November in München noch im Moshpit unterwegs war. So schließt sich der Kreis, irgendwie.

Hendrik Otremba als Vorband.

Jungstötter

Aber was ist jetzt eigentlich mit dem Brillenmann aus der Überschrift? Na, der war natürlich auch da, mit vielen seiner KollegInnen! Wenn man aus München nach Berlin kommt, fühlt man sich manchmal schon als ganz schönes Landei, auch wenn man nach dem Kino am Samstag (Suzume no Tojimari, dafür hatten wir in Taiwan schon überall die Plakate gesehen) um 23:15 nochmal schnell im Edeka einkaufen geht. Vollkommen mindblowing als Redneck aus dem Süden.

Beim Wings for Life Worldrun in Berlin habe ich dann gestern noch Platz 60475 geholt, mit dem richtigen Mindset wäre sicher auch Platz 60470 drin gewesen. Wie jedes Jahr ein schöner Lauf mit gutem Ziel und grässlichem Sponsor.

Die Glückskekse haben sicher recht.


Lyrics: Erfolg und der beste Damenchor aller Zeiten – Brillenmann

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